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Experten schulen angehende Experten

Im «Schraubenseminar» vertieften die Lernenden der Fachrichtung Polymechanik ihre Kenntnisse rund um das System einer Schraubenverbindung.

02-12-2021
Schraubenseminar
Seminarleiter Daniel Specht zeigt dem Lernenden Leonid Fazliji den richtigen Umgang mit einem Drehmomentschlüssel.

«Es ist uns wichtig, den angehenden Polymechanikern der Profile E und G in ihrer vierjährigen Lehrzeit regelmässig einen direkten Praxisbezug zu bieten, damit sie die Theorie aus dem Schulzimmer mit Alltagssituationen verbinden können», sagt Urs Schönbächler, Fachbereichsleiter Maschinentechnik und Lehrperson für Fachkunde am BWZ Rapperswil-Jona. «Darum führen wir verschiedene Projekte und Seminare durch. Dazu gehört das «Schraubenseminar», das in diesem Jahr zum wiederholten Mal stattfindet.» Urs Schönbächler steht in einem Gruppenraum im BWZ, in dem sich 25 angehende Polymechaniker*innen beider Profile versammelt haben, um mit Experten der Firma Bossard AG (Zug) ihr Wissen zu den Grundlagen von Schraubverbindungen und den zugehörigen Werkzeugen zu erweitern. In Workshops probieren sie zudem praktisch die Mess- und Prüfmittel aus. Das Seminar findet an drei weiteren Halbtagen statt, so dass alle Lernenden der sechs Polymechaniker-Klassen des 3. und 4. Lehrjahrs Gelegenheit haben, daran teilzunehmen.

Praktische Demonstration der Vorgehensweise

Seminarleiter Daniel Specht hat eben den Lernenden Leonid Fazliji aufgerufen und zeigt ihm, wie er einen Drehmomentschlüssel richtig verwendet, um damit eine Schraube professionell anzuziehen. In einfachen Worten erklärt der Profi, wie das Werkzeug funktioniert und welche Einstellungen möglich sind. Mit einem kräftigen Ruck zieht Leonid Fazliji die Schraube an und lässt den Drehmomentschlüssel zweimal klicken. Sofort interveniert Daniel Specht: «Es reicht, nur bis zum ersten Klick zu ziehen. Weiter anzuziehen ist ein verbreiteter Irrtum in der Praxis - die Geräte sind so eingestellt, dass das nicht nötig ist.» Leonid Fazliji sieht auf einer Anzeigetafel sofort, mit wie viel Vorspannkraft die Schraube die beiden Teile zusammenpresst: 33 kN = ca. 3.3 Tonnen zeigt diese an. Lässt sich dieses Ergebnis noch steigern? Jetzt übernimmt Daniel Spechts’ Partner Dominik Schmid und erklärt, wie sich mit geeignetem Schmierstoff am Gewinde und unter dem Auflagekopf die Vorspannkraft markant erhöhen lässt. Damit verliert auch der Einfluss der unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen oder der Schraubenwerkstoff selbst stark an Bedeutung.

Handlungsorientierung an konkreten Beispielen

Daniel Specht begründet derweil: «Im Berufsalltag gilt es regelmässig, Schrauben richtig zu festzumachen, sei es, wenn Maschinen für die Produktion von Werkzeugen, Geräteteilen oder Produktionsvorrichtungen bedient werden müssen oder wenn Reparaturarbeiten nötig sind. Nur wenn man die richtige Schraube wählt und diese perfekt sitzt, löst sie sich im Laufe der Zeit nicht – und das kann in der Produktion matchentscheidend sein.» Urs Schönbächler nickt zustimmend und ergänzt: «Häufig tendiert man ja dazu, 12.9er-Schrauben zu verwenden, weil sie eine sehr hohe Zugfestigkeit haben. Dabei haben diese Schrauben im Gegensatz zu der 8.8er – die man idealerweise wählt - einen grossen Nachteil: Sie können schlagartig und ohne Vorwarnung wegbrechen.» Konkrete Praxistipps wie dieser machen das Seminar für die Lernenden wertvoll, bestätigt auch Leonid Fazliji. Er beurteilt den Kurs durchwegs positiv: «Ich habe heute gelernt, worauf ich beim Schrauben achten muss und das werde ich im Betrieb anwenden. Mir gefällt das Seminar gut, ich würde nichts daran ändern wollen.» Auch Urs Schönbächler ist zufrieden, weil es gelungen sei, die Praxis erlebbar zu machen und ein effizientes Lernen zu ermöglichen. «Wir planen bereits schon jetzt, das «Schraubenseminar» auch im nächsten Schuljahr durchzuführen.»