Direkt zum Inhalt

«Jede 5. Person in der Schweiz könnte eine Rechnung von 2500.- nicht sofort begleichen.»

In der Woche vom 4. Juli 2022 fand die Sonderwoche zum Thema «Menschenrechte» statt.

05-07-2022
Menschenrechte
Enrico Dall'Acqua (links) und Dominic Bernet kaufen wie Armutsbetroffene mit nur 20 Franken ein - auf Snacks muss verzichtet werden.

«Schule soll nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch die Persönlichkeit bilden», sagt Rektor Stefan Kriz, «darum führen wir jeweils vor den Sommerferien eine Sonderwoche durch, in der sich die Lernenden mit Themen beschäftigen, die gesellschaftlich wichtig und richtig sind.» In diesem Jahr standen die Menschenrechte im Fokus. Klassenweise besuchten die Lernenden verschiedene Workshops, Filmvorführungen und Rundgänge, die sie auf Menschenrechte oder Armut sensibilisierten. Aber Armut in der reichen Schweiz – gibt es das überhaupt?

Wie viel Essen kann man mit 20 Franken kaufen?

Wie betroffen Menschen in der nahen Region davon sind, zeigte unter anderem Diakon Jürg Hermann während einem Workshop im evangelischen Kirchgemeindehaus einer Klasse angehender Kaufleute: Jede 11. Person lebe am oder unter dem Existenzminimum, jede 5. Person könne eine unvorhergesehene Rechnung ab 2’500.00 CHF nicht innert Monatsfrist begleichen. Was es heisst, mit knappem Budget einzukaufen, konnten die Lernenden im Workshop gleich ausprobieren. Mit nur 20 Franken mussten sie in einem nahen gelegenen Lebensmittelgeschäft möglichst viele Nahrungsmittel besorgen. «Man muss umsichtig einkaufen, und Produkte wie Mehl oder Salz wählen, aus denen man verschiedene Gerichte zubereiten kann – das heisst, auf Snacks verzichten», bilanziert der KV-Lernende Dominic Bernet.

Menschenrechtsverletzung – auch in der Schweiz?

In einem anderen Schulzimmer setzte sich eine Klasse mit Profis von Amnesty International mit der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auseinander. Dabei stellten sie fest, dass sie davon oft unbewusst auch in ihrem Alltag betroffen sind - sei es, wenn es um  Meinungsfreiheit oder Gleichstellung geht. «Wenn Frauen in der Schweiz weniger Lohn für die gleiche Arbeit wie Männer bekommen, dann ist noch viel zu tun», fasste die Lernende Adriana Meier zusammen. Im Seminar lernten sie auch, auf welchen verschiedenen Wegen die Menschenrechte von jeder und jedem durchgesetzt werden können: Sei es, in dem man an einer Briefaktionen teilnimmt oder im Alltag in kritischen Situationen Zivilcourage zeigt.

Vielseite Projekttage

Andere Klassen erlebten eine spezielle Führung durch Zürich: Surprise-Stadtführer*innen erzählten aus ihrem Alltag und führten die angehenden Berufsleute in ihr öffentliches Wohnzimmer oder zum privaten Notschlafplatz. Auch der Besuch von einem Gefängnis oder einem Caritas Laden in Zürich waren Programmpunkte, um nur einige Beispiele zu nennen. «Wir konnten dank dem grossen Einsatz der Projektgruppe ein sehr vielseitiges und bereicherndes Programm anbieten. Dafür danken wir dem OK-Team herzlich – es ist bei weitem keine einfache Sache, für rund 600 Lernende eine Sonderwoche zu organisieren», so Schulleiter Stefan Kriz. Dass sich der Aufwand gelohnt hat, zeigten die Rückmeldungen der Lernenden. «Ich habe verschiedene, interessante Inputs bekommen, die mich teilweise auch nachdenklich stimmen», sagt Ziya Coskun, «darum finde ich es gut, dass wir uns mit den Menschenrechten und der Armut in der Schweiz auseinander gesetzt haben.»