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Messen heisst vergleichen

In einem handlungsorientierten Seminar lernten angehende Polymechaniker und Konstrukteure die Grundlagen der Messtechnik kennen.

29-03-2023
BWZ
Die Seminarleiter (ganz links und ganz rechts im Bild) geben praxisnahe Tipps.

«Korrekte Messwerte sind das A und O im Alltag von Polymechanikern und Konstrukteuren und der Schlüssel, um Produkte weiterzuentwickeln», sagt Urs Schönbächler, Fachbereichsleiter Maschinentechnik am BWZ Rapperswil. «Darum führen wir jeweils im zweiten Semester des ersten Lehrjahrs einen Kurs zur Messtechnik durch.» Ziel des Kurses: Den angehenden Berufsfachleuten die Grundlagen der Messtechnik mit neuesten Instrumenten durch Branchenprofis vermitteln. «Nicht nur in der vierjährigen Ausbildung, sondern auch im Betrieb begegnen die Lernenden regelmässig Situationen, in welchen sie wortwörtlich auf ein My, also auf 0,001 Millimeter genau messen müssen», weiss Marcel Tschan, Seminarleiter und Fachberater bei Brütsch Rüegger Werkzeuge AG.

Geringe Einflüsse können Resultat beeinflussen

Gemeinsam mit zwei Arbeitskollegen hat er verschiedene Messgeräte in einem Schulzimmer aufgebaut. Gerade hat ein Lernender unter einer Messuhr die Länge eines Metallteils gemessen und Marcel Tschan weist ihn an, das Teil kurz in der Hand zu halten und erneut die Länge zu messen. Es zeigt sich sofort: Allein durch die Handwärme verändert sich das Resultat – zwar im scheinbar unbedeutenden Tausendstelbereich, aber genau diese wenigen Mikrometer machen oft den Unterschied. Marcel Tschan hält fest: «Ein Werkstück wird unbrauchbar, wenn es nicht haargenau passt.»

Tipps aus der Praxis

Darum thematisieren die Dozierenden nicht nur die Wichtigkeit einheitlicher Masse, sondern gehen auch gezielt auf Messunsicherheiten ein, damit die Lernenden im Bedarfsfall fundierte Entscheidungen treffen können. Co-Seminarleiter Stephan Allemann illustriert dies anhand eines Beispiels: «Bei einer Firma, die Zahnprotesten herstellt, waren sämtliche Langdrehbänke und die dazugehörenden Messgeräte exakt eingestellt. Trotzdem kam es bei einer Drehmaschine täglich zwischen 10 und 11 Uhr zu Abweichungen, die die Prothesen unbrauchbar machten. Nach langem Suchen fand man die Ursache: Zu besagter Zeit bretterte jeweils ein Güterzug etwa 200 Meter neben der Produktionsanlage vorbei und beeinflusste dadurch die Fertigungsgenauigkeit dieser einen Maschine dermassen negativ.»

Lernende geben Seminar Note 5,5

Praxisbeispiele wie diese kamen bei den teilnehmenden Klassen sehr gut an, denn Ähnliches kennen die Schüler aus ihrem Berufsalltag. Entsprechend positiv sind die Rückmeldungen: «Ich würde dem Seminar die Note 5,5 geben, weil zu keiner Zeit Langeweile aufkam. Die Dozenten haben sich gegenseitig ergänzt und mit hilfreichen Praxisbeispielen die Messtechniken erklärt», fasst Joel Nujic zusammen und sein Klassenkamerad Dario Fuchs ergänzt: «Mir hat besonders gefallen, dass die Profis unkompliziert auf unsere Fragen eingegangen sind.» Was würde es brauchen, damit die beiden dem Seminar die Note 6,0 geben? «Die Dauer war zu kurz», sagt Joel Nujic, «hätten wir etwas mehr Zeit als einen Vormittag gehabt, hätten wir die Inhalte noch vertiefter angehen können. Unsere Klasse hätte speziell die Messung von Winkeln interessiert. Dafür reichte die Zeit leider nicht. Wir werden das aber im Unterricht besprechen.»

Schweiz braucht Fachkräfte

Zufrieden ist auch Marcel Tschan, der Seminare wie dieses regelmässig durchführt. Er lobt die Klassen für ihre Aufmerksamkeit. Für ihn ist klar: «Die Schweiz braucht Fachkräfte, die ihr Handwerk verstehen – und genau deshalb waren wir am BWZ. Wir wollen beitragen, dass unser Land auch in Zukunft durch Professionalität überzeugt.» Die Schweiz sei ein Innovations- und weniger ein Produktionsland, diesen Status gelte es zu halten, indem der Nachwuchs geschult werde. Natürlich: «Die Jungen von heute sind unsere Kund*innen von morgen. Wenn sie das nötige Wissen haben, wird es eine fruchtbare Zusammenarbeit geben.» Auch Roland Eberle, Organisator und Klassenlehrer, ist mit dem Seminar zufrieden. «Durch die Praxisübungen an den Maschinen können die Lernenden das Wissen direkt in ihren Arbeitsalltag integrieren. Zudem haben wir jetzt eine gute Grundlage, um die Messtechniken im Unterricht zu besprechen – dank der Handlungsorientierung ist das Gelernte nachhaltig gefestigt.»